Maloca Mundial: Artist Talk mit MAHKU // Ibã Sales Huni Kuin und Kássia Borges

“Lasst uns über das Wasser sprechen… über den menschengemachten Klimawandel, seine Überschwemmungen und Dürren im Amazonas. Über unser Leben, unsere Mythen und unsere Kunst. Und was wir Euch auf der Biennale in Venedig vermitteln wollen… “ Kássia Borges

Nur 4% der Weltbevölkerung sind indigene Völker – aber 80% der weltweiten Biodiversität ist in ihren Territorien erhalten. Die indigene Kosmovision, ihre Lebensweise in Einklang mit der Umwelt, die gelebte Kreislaufwirtschaft und v.a. die Selbstbestimmung in indigenen Territorien sind ausschlaggebend für das Weltklima.

Indigener Aktivismus ist so kreativ und vielfältig wie die indigenen Völker selbst. Wir möchten in der Maloca Mundial, dem virtuellen Dialograum des Klimabündnis Österreich, MAHKU, die Bewegung der HuniKuin Künstler_innen vorstellen, die ihr traditionelles Wissen durch die Sprache der Kunst in die Welt hinausbringen. Die Biennale von Venedig ist dafür die beste Plattform! MAHKU gestaltet die Fassade des Hauptpavillons der 60. Biennale.

MALOCA MUNDIAL: 9.4.24:
15:00-16:30(CET) // 10:00-11:30 (BRASILIA)
Moderation: Silvia Jura / Facilitator: Marina Correa

Portugiesisch mit deutscher Übersetzung 

ZOOM: Meeting-ID: 826 484 0035

eine Veranstaltung vom Klimabündnis Österreich

Menschengemachter Klimawandel, der Amazonas und indigene Kunst

Die katastrophalen Folgen des menschengemachten Klimawandels treffen den Amazonas mit voller Härte. Unkontrollierte Waldbrände, Jahrhundert-Dürren gefolgt von Jahrhundert-Überschwemmungen zerstören das ewige Gleichgewicht des Amazonas.  Der Amazonas, die Klimazentrale der Welt, CO2 Speicher und Wasserspender Südamerikas ist nahe am Kipppunkt. Gerade haben die Präsident Lula und Macron ihr Engagement für den Amazonas bekräftigt… doch reicht das, um illegale Entwaldung, Infrastruktur-Großprojekte, die Ausweitung der Agro-Grenze, Minen, Erdölbohrungen und illegale Goldschürferei zu beenden? Indigene Völker können nicht alleine den Planeten retten! Sie fordern internationale Unterstützung im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel.

Zu Gast in der Maloca Mundial zeigen uns Ibã und Kássia, die beiden indigenen Forscher, Universitätsprofessoren und Künstler, wie sich indigene Kosmovision in Gegenwartskunst verwandelt und Botschaften zu Umwelt, Biodiversität und Klima emotional vermittelt. Sie berichten als Betroffene von den Überschwemmungen vom Rio Jordão im Februar 2024 und der Magie des Wassers.

Artenvielfalt und Biodiversität gemeinsam mit indigenen Völkern schützen

Wir alle wissen, dass sich, obwohl die indigenen Völker nur 4% der Weltbevölkerung darstellen, 80% der weltweiten Tier- und Pflanzenarten in indigenen Territorien finden. Die indigene Kosmovision, die Lebensweise in Einklang mit der Umwelt, die gelebte Kreislaufwirtschaft und v.a. die Selbstbestimmung in indigenen Territorien sind daher ausschlaggebend für das Weltklima.

Doch der menschengemachte Klimawandel – mit Landraub, Entwaldung, Agrobusiness und Minen – zerstört indigenes Leben und den Planeten. Die indigenen Völker können nicht alleine die Erde schützen. Ihre Forderungen nach nationaler und internationaler Unterstützung von Regierungen und Unternehmen sind omnipräsent.

MAHKU: die HUNI KUIN KÜNSTLER_INNENBEWEGUNG

«Indigenous artists have an emblematic presence and their work greets the public in the Central Pavilion, where the Mahku collective from Brazil will paint a monumental mural on the building’s façade.(Stranieri ovunque/ Foreigners everywhere-Biennale Art 2024

Mahku – das ist das Kollektiv indigener Huni Kuin-Künstler:innen vom Rio Jordão im Bundesstaat Acre. Die Gruppe bildete sich 2010-2011 auf Initiative von Ibã, dem Txaná der Huni Meka-Gesänge und umfasst etwa 12-16 seiner Schüler:innen. Ihre Arbeit basiert auf der Konvergenz zweier Sprachen: der Musik der traditionellen Huni Meka-Gesänge und der Zeichnung als visuelle Übersetzung dieser Gesänge. Die Arbeit von MAHKU schafft Brücken zwischen neuen und alten Generationen von Huni Kuin, die ihr Wissen vom Aussterben bedroht sehen.

Das Motto der Gruppe lautet „Ich verkaufe Leinwand, ich kaufe Land“.

Ibã ist ein indigener Forscher, ein Kultur- und Sozialanthropologe, Doktor Honoris Causa an der staatlichen Universität von Süd-Bahia, Lehrender und Forscher an der Bundesuniversität von Acre (UFAC) am Campus Cruzeiro do Sul und am Campus Rio Branco. Er lebt am Fluss Jordão im Bundesstaat Acre, im Dorf Chicu Kurumim, im Indigenen Territorium Kaxinawá.

IBÃ SALES HUNI KUIN

Ibã Huni Kuin (Isaías Sales) ist ein Txana, ein Meister des Gesangs in der Tradition des Volkes der Huni Kuin, um den sich MAHKU – die Bewegung der Huni-Kuin-Künstler – gebildet hat. Herausragend an seiner Arbeit ist die Auseinandersetzung mit der traditionellen Musik der Huni Kuin (die Huni Meka Gesänge) und ihre kollektive Übersetzung in eine multimediale Bildsprache. Gemeinsam mit MAHKU werden Sprache und Wissen der Huni Kuin transformiert, perpetuiert und in großformatige Bilder und multimediale Installationen übersetzt.

Ibã: wie Forschung, Poesie, Kunst und indigene Lebensweise zusammenfliessen

Seit 1983 arbeitet er als Lehrer für sein Volk. Zur Zeit ist er Häuptling/ Kazike, nationaler und internationaler Vertreter der Huni Kuin, Ausbildungsleiter, Forscher und Geist des Waldes. Sein Forschungsweg ist die spirituelle Musik und das heilige Getränk Nixi Pae. Er ist Musiker, Dichter, er kennt die duftenden Kräuter des Waldes, die traditionellen Heilkräuter und interpretiert gleichzeitig die rituelle Musik in einer ausdrucksstarken Bildsprache.

Er arbeitet an der Huni Kuin Pädagogik und der Verschriftlichung der Sprache Hatxa Kuin. Als Lehrer und Professor für die Huni Kuin Pädagogik hat er die traditionellen Lieder aufgenommen und veröffentlicht.

Sein Wissen beruht auf traditionellen Überlieferungen, er hat alle Fertigkeiten, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, gesammelt, betont stets, sehr viel von seinem Vater, Tuin Huni Kuin (Romão Sales), einem bedeutenden Huni Kuin Forscher, gelernt zu haben.

Sein ganzes Leben widmet er der Erforschung und Bewahrung des musikalischen und rituellen Wissens der Huni Kuin, die im 20 Jahrhundert in Sklaverei als Kautschukzapfer lebten und somit ihre Kultur fast verloren hatten.

Ibã erforscht seine traditionelle Ausbildung mit den Werkzeugen der Kulturanthropologie,  übersetzt mit den Mitteln der Poesie und des kreativen Schreibens, transponiert als bildender Künstler… Er gilt als der Spezialist für die Musikkünste der Huni Kuin, seine Teilnahme an Tagungen und Veröffentlichungen bestätigen das.

Ibã brachte MAHKU zu nationalen und internationalen Ausstellungen (Biennale São Paulo, PIPA Prize, Cartier Fundation, Paris, Biennale Venedig… ) und ließ die Kunst der Huni Kuin zu einer internationalen Referenz werden.

Kássia Borges,, Angehörige des Karajá / Ini-Volkes im brasilianischen Cerrado (Goias), lehrt dreidimensionale bildende Kunst an der staatl. Universität von Uberlandia (MG). Sie ist Doktorin in Nachhaltigkeits- und Umweltwissenschaften, Kuratorin des Museums do Indio UFU in Uberlandia/MG und Co-Kuratorin im MASP/ São Paulo.

Kássia Borges

Sie arbeitet als Künstlerin und ist mit Einzel und Gruppenausstellungen in Brasilien, Europa und den USA präsent. Zu nennen sind da zB Haus Der Kunst, München (Deutschland), La fraternelle, Saint Claude (France), Museum Tinguely Basel (Schweiz) oder die Pinacoteca São Paulo. Seit einigen Jahren arbeitet sie eng mit Ibã Sales Huni Kuin zusammen und ist Teil der Bewegung MAHKU.

Ihr mehrdimensionales Werk setzt sich mit den Konzepten von Ursprung, Weiblichkeit und Herkunft auseinander,  Wasser ist dabei zentrales Element; ihre Sprache findet sie in Keramik, Fotografie, Zeichnung, Installation, Skulptur und Video.  Ihre Arbeiten sind bi- bis tridimensional,  stets thematisiert sie den Schmerz und die Kraft des Femininen.

Wer sind die Huni Kuin – das Volk der Kaxinawa

Die Huni Kuin leben im Grenzgebiet von Brasilien und Peru, sind über mehrere indigene Gebiete im Bundesstaat Acre und im südlichen Amazonas verteilt. Die gesamte Bevölkerung umfasst ca. 15.000 Menschen. Sie sprechen die Hatxa-Kuin-Sprache, die zur Pano-Sprachfamilie gehört.

Huni Kuin bedeutet „wahre Menschen“ und ist die Eigenbezeichnung dieses Volkes. Sie sind als Kaxinawa bekannt.

In ihrer Geschichte hatten sie intensiven Kontakt mit der Kautschukindustrie, die das Amazonasgebiet in den entscheidenden Phasen des 20. Jahrhunderts dominierte.

Die Zeitrechnung der Huni Kuin kennt daher 4 Epochen:

• Die Zeit der Maloca, des traditionellen Lebens

• Die Zeit der Gefangenschaft in den Kautschukplantagen

• Die Zeit der Befreiung und der Rechte

• Die Zeit der Kultur.

Notstand durch Überschwemmungen Februar/März 2024

Klimawandelbedingte Überschwemmungen im Februar und März 2024, die auf die Jahrhundertdürre letzten Sommer/Herbst folgten, zerstörten die Lebensgrundlage der HunIKuin. Im Bundesstaat Acre sind 99 Städte im Ausnahmezustand. Am Fluß Jordão, wo auch das Dorf Chico Curumim, Heimat des KünstlerInnen-Kollektivs MAHKU liegt, waren die Folgen katastrophal. Ernte, Saatgut, Felder, Häuser und Hab & Gut der Bevölkerung wurden vom Wasser fortgetragen, jetzt herrschen Hunger und Krankheiten. Die kulturelle Arbeit von MAHKU, das Kulturzentrum, das als Schule dient, mit all seinen Materialien und Musikinstrumente, ist zerstört.

Es werden Spenden gesammelt!

Links:

https://ibasaleshunikuin.bandcamp.com/album/uma-voz-da-floresta-encantada

nixi-pae.blogspot.com.br

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